Offener Brief Stormarner Vereine an den SHFV zur Fortsetzung der Saison 2020/21

Nach den letzten Beschlüssen des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes (https://www.shfv-kiel.de/news/informationen-zur-wiederaufnahme-des-spielbetriebs) haben sich der FC Ahrensburg, die JuS Fischbek, der SSV Jersbek, der TSV Trittau, der VfL Rethwisch, der SSV Großensee und der RSK in einem offenen Brief an das Präsidium gewandt. Sollten sich weitere Vereine unserem Appell anschließen wollen, nehmen wir diese gerne als Unterzeichner*innen mit auf (mail an info@rotersternkickers.net) und hoffen auf einen konstruktiven Austausch.

Kreis Stormarn, 08. Februar 2021

Offener Brief an das Präsidium des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes zu den Planungen für die Beendigung der Saison 2020/21


Sehr geehrte Damen und Herren,

wir alle in unseren Vereinen vermissen es, uns auf dem Platz zum Training zu treffen und im Wettbewerb mit Anderen um Punkte zu eifern. Ebenso fehlt uns das soziale Miteinander rund um die Spiele und das ausbleibende Vereinsleben im persönlichen Kontakt.

In den letzten Monaten, vor allem im Dezember und Januar, wurden von Verbandsseite Ideen und Vorschläge zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs präsentiert. Im Kern geht es hauptsächlich und eigentlich ausschließlich um die regelhafte Beendigung der Saison 2020/2021. Die unterzeichnenden Vereine, Personen und Ausschüsse dieses offenen Briefes lehnen diese Planungen ab und möchten sich deutlich für alternative und flexiblere Planungen zur Beendigung der regulären Saison 2020/2021 aussprechen. Dies hat folgende Gründe:

1. Die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler:

Alle derzeitigen Maßnahmen von Seiten der Bundes- und Landesregierung zielen auf eine grundsätzliche Verminderung und Vermeidung von Kontakten ab. Dabei geht es darum, die Gesundheit einer/s jeden zu schützen und die Verbreitung des COVID-Virus zu stoppen. Die Pläne des SHFV möglichst schnell wieder in den Trainingsbetrieb bzw. Spielbetrieb einzusteigen, widerspricht diesen Bestrebungen. Die Planungen, im Februar Nachholspiele stattfinden zu lassen und sie dann trotz des bekannten Lockdowns auch noch anzusetzen, widersprach jeglicher Vernunft im Umgang mit dem Virus und gesellschaftlicher Verantwortung seitens des SHFV. Zumal die nicht vorhandene Möglichkeit Umkleiden, Duschen und Besprechungsräume im Winter zu nutzen und stattdessen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, Besprechungen und das Umziehen nach draußen zu verlagern, sicherlich nicht gesundheitsfördernd sind. Hier stellt sich für uns ganz klar die Frage, ob der Verband hier wirklich im Interesse der Sportlerinnen und Sportler handelt und entscheidet. Das Sport unbestritten gesundheitsfördernd ist, ist uns bewusst. Daher sind wir auch dafür, sobald es die Infektionszahlen zulassen, wieder in kleinen und festen Gruppen zu trainieren. Aber das Bestreben, möglichst schnell wieder mit mehr als 22 Menschen in einen engen körperlichen Kontakt bringen zu wollen, erschließt sich uns nicht.


2. Gesellschaftliche Verantwortung des SHFV

Fußball ist in Deutschland Sport Nummer eins. Damit kommt unserem Sport auch eine besondere gesellschaftliche Bedeutung zu. Daher sollte der Verband nicht nur die Interessen der Aktiven im Blick haben, sondern aller Gruppen, die sich in den Vereinen befinden und mit den Vereinen verbunden sind. In diesem Umfeld ist auch ein erheblicher Teil von Menschen dabei, der zur Risikogruppe gehört. Vom Verband wünschen wir uns hier Weitsicht und das klare Commitment gesellschaftliches Interesse vor das Interesse des Verbandes zu stellen.

3. Organisatorische Bedenken

Der aktuelle Lockdown geht mindestens bis 14.02.21, danach ist nicht mit einer sprunghaften, sondern eher schrittweisen Lockerung der Beschränkungen zu rechnen. Die Erfahrungen aus dem 1. Lockdown zeigen, dass eine Rückkehr (auch auf sportlicher Ebene) zur Normalität eher Monate als Wochen dauert. Dazu kommt, dass den Vereinen eine ausreichende Vorbereitungszeit zugestanden werden soll. Normalerweise liegen Vorbereitungszeiten in Sommer- und Wintervorbereitung bei 4-6 Wochen, um die Spielerinnen und Spieler auf eine normale Saison vorzubereiten. Bei zu erwartenden „englischen Wochen“ wäre der Bedarf mindestens genauso hoch, wenn nicht sogar höher, um Sportlerinnen und Sportler im Amateurbereich auf das entsprechende Fitnesslevel zu bringen, dass diese Mehrfachbelastung in den Wochen nicht zu erhöhtem Verletzungsrisiko führt. Bei den Überlegungen ist noch nicht inkludiert, dass durch witterungsbedingte Absagen Nachholspiele entstehen. Des Weiteren kommt es selbst im Profibereich vor, wo regelmäßig getestet wird, dass ganze Teams in zweiwöchige Quarantäne geschickt werden, wenn Teammitglieder positiv auf das Corona-Virus getestet wurden. Genau dies droht auch im Amateurbereich und würde zu weiterem Terminchaos führen. Wir fragen uns daher, warum es so wichtig ist, die Saison 2020/2021 regulär zu beenden. Letztlich handelt es sich für uns im Amateurbereich um ein Hobby und ist nicht Bestandteil unseres Lebensunterhalts.

4. Interessenvertretung gegenüber der Politik

Wir sind froh und dankbar dafür, dass der SHFV die Interessen seiner Vereine gegenüber der Politik vertritt. Bei der aktuellen Lage und vor allem Diskussion um das Thema Corona stellt sich jedoch die Frage, welches Interesse die Vereine haben. Hier wäre es unserer Meinung nach wichtig und richtig, wenn der Verband in einem demokratischen Prozess das Interesse und den Willen der Verbandsmitglieder erfragt, um dieses Interesse dann auch tatsächlich vor der Politik vertreten zu können. Die derzeit vorhandenen Pläne des Verbandes spiegeln nämlich definitiv nicht unser Interesse wider.

Aus diesen genannten Gründen wünschen wir uns vom SHFV die grundsätzlich anvisierte reguläre Fortsetzung der Saison zu überdenken und sich stattdessen auf alternative Modelle zu konzentrieren. Dabei sind folgenden Konzepte denkbar:

1. Die Saison 2020/2021 wird abgebrochen und es werden bis zum Sommer die Spiele, die noch anstehen und sicher durchgeführt werden können, ohne Zeitdruck, als Testspiele durchgeführt.

Begründung:
Wettbewerbe im Amateurbereich sind nicht so elementar, dass sie auf Biegen und Brechen durchgeführt werden müssen. Vor allem wenn dies zu Lasten der Gesundheit geht. Die Pokalspiele, die durchgeführt werden müssen, ließen sich in dem Zeitraum bis Juni dann auch durchführen. Regelungen für höhere Ligen könnten separat erarbeitet werden.

2. Die Saison als Spielzeit 20/22 bis zum Frühjahr 2022 zu Ende spielen.

Begründung:
Gerade in den unteren Ligen mit vielen kleineren Vereinen mit häufig nicht so modernen Sportplätzen ist nicht davon auszugehen, dass vor Mitte März ein normaler und konstanter Spielbetrieb realistisch ist. Ca. ¾ der laufenden Saison muss noch gespielt werden, diese zwischen 15 und 20 Spiele (je nach Staffelgröße) dann im Hauruck-Verfahren in gut drei Monaten durchzuführen, birgt gesundheitliche Risiken für die Spieler*innen, überlastet die Rasenplätze und führt bei Vereinen mit vielen Teams oder wenn sich mehrere Vereine eine Spielstätte teilen zu Kapazitätsengpässen. Mal davon abgesehen, dass so viele Spiele in so kurzer Zeit dazu führen würden, dass sich die Freizeit zahlreicher Menschen fast ausschließlich um Fußball drehen würde. Fußball als Breitensport würde dem Anspruch als wichtiger Faktor als Ausgleich zu Beruf oder Schule nicht mehr gerecht werden können. Es ist vielleicht sogar zu befürchten, dass Spieler*innen nach so einer Phase die Freude verlieren und aufhören. Dieser Effekt und auch erneut gesundheitliche Risiken würden noch verstärkt werden, da selbst wenn im Februar gespielt werden dürfte, die Nutzung der Sanitärtrakte vermutlich noch länger untersagt bleibt und vermutlich im Ermessensspielraum der kommunalen Verantwortung liegt. Dieses würde erneut zu einem Flickenteppich und zu gänzlich unterschiedlichen Wettbewerbsvoraussetzungen führen.
Bei einer Verlängerung der Spielzeit ließe sich außerdem problemlos auf nicht auszuschließende weitere Covid-Wellen bspw. im Herbst/Winter 2021 reagieren, ohne Risiken einzugehen oder allzu große Planungsunsicherheiten zu verursachen. Mit Abschluss im Frühjahr 2022 wäre man weiterhin im gewohnten Rhythmus, es könnte ganz regulär Auf- bzw. Absteiger geben und es müsste im Frühjahr 2020 vermutlich nur im Übergang zum Profifußball eine gesonderte Regelung mit bspw. dem Aussetzen der Absteiger aus den Regionalligen geben. Würde dieser Cut zwischen den Oberligen und den Regionalligen stattfinden und die Landes- und Kreispokalwettbewerbe würde unverändert im Frühjahr 2021 beendet und entsprechend zum Herbst gestartet werden, könnten auch Situationen wie im Bayrischen FV, welche im Rechtsstreit um die Teilnahme am DFB-Pokal endeten, umgangen werden, da alle dafür relevanten Bewerbe im Jahresrhythmus abgeschlossen werden könnten.


Für uns als unterzeichnende Vereine steht die Gesundheit unserer Mitglieder und der Spaß am Fußball an oberster Stelle. Daher hoffen wir, dass Sie unsere Bedenken nachvollziehen können und erhoffen uns einen ernsthaften Dialog mit den Vereinen über die Fortsetzung der Saison, bei dem die Bedenken der Vereine gehört und berücksichtigt werden.

Mit sportlichen Grüßen,

Georg Tür                          Ulf von Horsten                Oliver M. Pinho                              
(FC Ahrensburg)              (Jus Fischbek)                 (Roter Stern Kickers)    
Andreas Schulz                 Lars Auerbeck                   Björn Kiesewetter                          
(SSV Jersbek)                  (TSV Trittau)                    (VfL Rethwisch)
Robert Stadthaus               
(SSV Großensee)

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