Stellungnahme zum Engagement eines (Ex-) Mitglieds bei den sogenannten “Grundrechte-Demonstrationen”

In den vergangenen Wochen und Monaten haben sich in verschiedenen Städten in ganz Deutschland Gruppierungen gegründet, die angesichts vermeintlicher Grundrechtsbeschränkungen durch die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Eindämmung der SARS-CoV-2-COVID-19 -Pandemie zu so genannten Hygiene- oder Grundrechts-Demonstrationen aufgerufen haben.

In diesen Gruppen und auf diesen Demonstrationen findet sich eine Querfront von vermeintlich Linken, Esoterikerinnen, Reichsbürgerinnen, Impfgegnerinnen, Verschwörungstheoretikerinnen, Antisemitinnen und Rechtsextremistinnen ein, beschwört einen angeblichen Volkswillen und ruft zum Widerstand gegen die Maßnahmen, aber auch gegen eine angeblich alles beherrschende “Elite” auf. Bestärkt werden diese Menschen durch mittlerweile zahlreiche Prominente aber auch angebliche Ärztinnen und Wissenschaftlerinnen, welche die Pandemie zu einem großen HOAX erklären wollen, welcher nur dazu dient, die Menschheit zu unterdrücken. Die bekanntesten Gesichter der Bewegung sind der ehemalige Radiomoderator Ken Jebsen, welcher wegen antisemitischer Ausfälle seinen Job beim RBB verloren hat und auf seiner Plattform KenFM Verschwörungstheorien verbreitet, der Popsänger Xavier Naidoo, welcher bereits seit Jahren durch krude Thesen auffällt, dem mindestens eine große Nähe zur Reichsbürger*innenbewegung unterstellt werden kann und der in selbst aufgenommenen und veröffentlichten Videos auch mal behauptet, dass Bill Gates ein aus Kinderblut hergestelltes Verjüngungsserum konsumieren würde sowie als jüngster Spross der Familie der Kochbuchautor Attila Hildmann, über den wir vermutlich wenig sagen müssen, da er fast täglich auf allen Social Media-Kanälen auf denen er gerade nicht gesperrt ist vollständig durchdreht.

Die Gruppen sind oft bundesweit vernetzt und so sprechen bspw. Akteurinnen aus Hamburg bei Veranstaltungen in Berlin und andere aus dem ganzen Bundesgebiet finden sich dann auf den Hamburger Demonstrationen wieder. Außerdem nehmen nachweislich und gut dokumentiert AfD’lerinnen, NPD’lerinnen, Mitglieder der Identitären Bewegung sowie Akteurinnen aus der „Merkel-muss-weg“/“Michel-wach-auf“- Bagage an den Demonstrationen in Hamburg teil.
Die Organisator*innen, welche sich – zumindest zum Teil – vermutlich selbst als links definieren würden, verteilen zwar zaghaft ein paar wenige Allgemeinplätzchen zu dem Thema, ernsthafte und nachhaltige Bemühungen diese Leute loszuwerden, sind aber nicht zu erkennen.

Warum erzählen wir euch Dinge, die ihr auf den bekannten Recherche- und Dokumentationsplattformen viel besser und umfangreicher nachvollziehen könnt?

Leider mussten wir vor einigen Wochen feststellen, dass sich ein langjähriges RSK-Mitglied in diesem Umfeld bewegt und Kontakte pflegt. Nach anfänglichen Hoffnungen, dass es sich um eine naive Verirrung handelt, der mit ein paar ernsthaften Gesprächen Abhilfe geschaffen werden kann, stellte sich mit der Zeit leider heraus, dass wir es mitnichten mit unbedarftem Mitläuferinnentum zu tun haben, sondern diese Person zumindest zeitweise zum inner circle der Organisationsgruppe gehört(e) und darüber hinaus zusammen mit seinen/ihren Mitstreiterinnen eine Website betreibt, die u.a. auf zahlreiche Webseiten von Querfront-Akteur*innen sowie einen Veranstaltungskalender verweist, welcher u.a. AfD-Veranstaltungen aufführt.

Wir haben das Gespräch gesucht, nachdem wir von dem Sachverhalt erfahren haben und uns auch intern bemüht die Situation zu beleuchten und zu beurteilen. Dass schon die Teilnahme an Demonstrationen gemeinsam mit Rassistinnen und Antisemitinnen nicht mit den vom Verein vertretenen Werten zusammenpasst, von der (Mit-)Organisation dieser und dem Betrieb einer oben beschriebenen Website ganz zu schweigen, stand in dieser Auseinandersetzung nie zur Debatte. Der Wunsch und die Hoffnung einen eigentlich von allen bekannten Mitgliedern geschätzten Menschen irgendwie im Verein halten zu können war trotzdem so stark, dass zwar auf der einen Seite eine klare Linie gezogen wurde, auf der anderen Seite aber zahlreiche Angebote gemacht wurden.

Wir haben den Eindruck mit unserem Einsatz einen Prozess befördert zu haben, welcher das Engagement und die Wahl der Mittel in den vergangenen Monaten infrage stellt. Und wir haben die Hoffnung, dass dieser Prozess langfristig dazu führt, dass sich der betreffende Mensch aus den Strukturen und dem Umfeld vollständig und nachhaltig lösen kann, um dann wieder zurück zum RSK zu finden. Auch dann bedarf es sicherlich einer weitergehenden Aufarbeitung, zu der aber im Verein zahlreiche Menschen bereit sind.
Leider ist dieser Punkt noch nicht erreicht, weshalb die aktuelle Etappe mit dem Austritt endet. Das bedauern wir sehr.

Wir verstehen uns als Verein, dessen Arbeit, gesellschaftspolitisches Engagement und Werte zuerst Menschen anspricht, die sich selbst vermutlich als links definieren würden. Dazu gehört unweigerlich eine kritische, aber auch progressive Sicht auf die Gesellschaft. Und wer uns kennt, weiß dass wir politische Entscheidungen kritisch beleuchten und hinterfragen. Unsere Mitglieder möchten etwas zum Positiven verändern und sind weit davon entfernt, bedenkliche gesellschaftliche Entwicklungen kritiklos hinzunehmen. Auch gestehen wir es selbstverständlich jedem/r zu mit den getroffenen politischen Entscheidungen und den darauffolgenden Maßnahmen nicht einverstanden zu sein. Auch darf jeder versuchen dagegen vorzugehen, wenn er/sie es für angemessen und gerechtfertigt hält. Hierbei gilt aber, dass der Zweck nicht alle Mittel heiligt und jede Koalition erlaubt, auch wenn diese mehr Öffentlichkeit verspricht oder das Erreichen vermeintlich richtiger Ziele wahrscheinlicher erscheinen lässt. Wer diese Grenzen bereit ist zu überschreiten, passt in der Wahrnehmung sämtlicher involvierter Mitglieder nicht zu unserem Verein und sollte die eigene Mitgliedschaft kritisch hinterfragen. Wir stehen allen unseren Mitgliedern in verunsichernden Zeiten zur Seite und sind auch zu kontroversen Diskussionen bereit. Deshalb schließen wir hier mit dem Appell an unsere Mitglieder und uns nahestehenden Menschen. Lasst uns gemeinsam versuchen Verunsicherungen zu erkennen und zu beseitigen oder zumindest zu lindern. Und lasst uns den Rassistinnen, Antisemitinnen und Verschwörungstheoretikerinnen nicht auf ihren Querfront-Leim gehen

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https://de.indymedia.org/node/83293

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